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BREMISSIMA Magazin | Mai-Juni 2016

BREMISSIMA 58 Das Grundstudium war toll! Ich lieb- te es! Das Zeichnen, experimentieren mit Computerprogrammen, Fotografie. Es war traumhaft und hat mich im- mens vorangebracht. Sicherlich war es unglaublich stressig. Man musste zig Bücher und Arbeiten am Ende jedes Semesters abgeben, aber es war mein Element. Ich lernte zu Nähen, Schnit- te zu erstellen, einen Blazer, Bluse und Hosen und so weiter zu fertigen. All- mählich stieg ich in die ganze Mode- Materie ein. Was alles dahintersteckt. Wie unglaublich kompliziert gutes De- sign und ein guter Schnitt sind. Allein ein einfacher Blazer besteht aus ca. 40 Einzelteilen. Eine ganz eigene Philo- sophie. Wer das können und vor allem verstehen wollte, musste IMMER in den Kursen anwesend sein. Durch mei- nen riesigen Ehrgeiz habe ich, glaube ich, nicht einen einzigen Tag in der Akademie gefehlt zu haben. Ich bin ein Perfektionist vom Allerfeinsten. Mein Kopf und mein eigener Anspruch sind meine größten Kritiker. Die Dozenten wussten das und pushten mich, mei- nen Weg zu finden. Heute bin ich sehr dankbar über einige tolle Dozenten, die mich so sehr unterstützten. Das Grundstudium mit Zwischen- prüfung beendet. Es folgte das Haupt- studium. Es ging um die Entwicklung von Kollektionen, Kollektionsbücher, Themenfindung, technische Zeich- nungen, Illustrationen, Hausarbeiten, Klausuren. Ein Berg von Arbeit stand vor der Tür. Um nicht zu weit abzu- schweifen, versuche ich, mich so kurz wie möglich zu fassen. Jedes Semester startete mit einem Kollektionsthema, zu dem sich alle Studenten dann noch mal ein eigenes Unterthema für die eigene Kollektion überlegten. Am Ende jedes Semesters gab es dann eine Modenschau, bei der alles präsentiert wurde. Da ich mir immer die kompliziertesten Techniken überlegte, saß ich an meiner Korsage im 4. Semester jeden Tag und habe mehrere Stunden geknüpft. Es war ein unvorstellbarer Aufwand. Dazu gab es hunderte Abgaben von Drapieranleitung über Konzeptbuch, Materialkarten und weitere Klausuren sowie Fächer wie BWL, Jura, CAD für Designprogramme. Jedes Fach hatte wiederum eigene Abgaben. In Business English musste zum Beispiel ein kompletter Business-Plan abgegeben werden. Wer das Studium ernst nahm, ackerte wie ein Besessener. Und jeder wollte den anderen übertreffen. So stieg von Semester zu Semester nicht nur der Druck der Uni, sondern auch der Druck zwischen den Studenten. Man geriet sehr oft an seine Grenzen. Dazu kam dann immer noch mein eigener Perfektionismus. Bei einer Modenschau im 6. Semester schien ich meinem eigenen Ziel ein Stück näher gekommen zu sein. Meine Kollektion wurde von einer etablierten Stylistin entdeckt, die für viele große internationale Marken arbeitet. Ich arbeitete sehr häufig fortan mit ihr zusammen, zusätzlich zu meinem Studium, der Pendelei und dem Geld verdienen, um die Materialien zu kaufen. Der Höhepunkt war dann mein Abschluss im 8. Semester. Eine Kollektion mit Federn, aus hunderten Einzelteilen, zu schwer zu erklären. Allein die Herstellung dauerte Ewigkeiten und hinzu kamen alle Abgaben. Noch nie zuvor habe ich so viel gearbeitet wie in diesen sechs Monaten. Den letzten sechs Monaten des Studiums. Von anfänglich 45 Studenten waren übrigens nur noch 15 übrig, die ihren Abschluss absolvierten. Der Abschluss war auch gleichzeitig eine der härtesten Prüfungen in mei- nem Leben. Am Anfang des Studiums wurde immer betont, wie offen alle

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