Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

BREMISSIMA Magazin | November-Dezember 2015

bremissima 19Hautnah S Jedes Kind mag Kekse. Jeder Erwachsene irgendwie auch. Der Grund dafür mag wohl sein, dass es nicht nur „den einen“ Keks gibt, sondern für jede geschmackliche und op- tische Vorliebe immer auch einen anderen – Schokokekse, Butterkekse, lustig geformte Kekse, fruchtig-frische Kek- se: alle anders, alle lecker. Für Anita Freitag-Meyer sind Kekse weit mehr als nur kleines Gebäck. Sie ist schon als Kind mit ihren Schwestern im Lager der Verdener Keks- und Waffelbäckerei Hans Freitag Rollschuh gelaufen, den Duft frisch gebackener Kekse immer in der Nase. Heute ist sie als geschäftsführende Gesellschafterin Chefin des Familienunternehmens – und feiert in diesem Jahr 25-jäh- riges Firmenjubiläum. 25 Jahre, in denen sie ihre Entschei- dung, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten, nicht einen Tag bereut hat. „Dabei gab es vor meiner Ausbildung eine Zeit, in der ich mir nicht sicher war, ob der Weg in die Fir- ma auch mein Weg ist. Damals habe ich davon geträumt, irgendwann einmal Chefredakteurin bei der VOGUE oder der ELLE zu sein“, lacht Anita Freitag-Meyer. „Aber sechs Monate Praktikum bei einer großen TV-Zeitschrift waren dann recht heilsam.“ Damals erkennt sie, dass das Familienunternehmen tolle Möglichkeiten und eine gro- ße Chance für ein selbstbestimmtes Leben bietet – und für sie eben doch genau das Richtige. „Ich habe gerne eine Führungsrolle inne, und ich treffe gerne Entscheidungen, mit allen Konsequenzen“, erzählt sie mir. „Hier war ich als Geschäftsführerin bereits sehr früh in der Situation, Verantwortung übernehmen zu können, eine großartige Gelegenheit!“ Der Weg in das Familienunternehmen War denn von Anfang an klar, dass eine der Schwestern die Keks- und Waffelbäckerei übernehmen sollte, wurde es von den Eltern vorausgesetzt? „Sicher gab es irgend- wo eine Erwartungshaltung, dass eine von uns dreien es schon machen sollte. Und die Überlegungen gingen da, als ältestes der Kinder, auch eher in meine Richtung“, sagt Anita Freitag-Meyer. „Dennoch, ein Zwang war da nicht. Wie gesagt, ich hatte ja zwischendurch sogar einmal an- dere Vorstellungen, denen ich bestimmt hätte nachgehen können – wäre es wirklich mein Ziel gewesen.“ Kaum ist der Entschluss dann gefasst, lernt sie in der Firma das Rüstzeug für ihre Rolle als zukünftige Chefin: Erst als Auszubildende, dann als Geschäftsführerin und Junior- chefin, die mit dem Vater eng zusammenarbeitet. Das alles jedoch nicht, ohne vorher noch ein bisschen internatio- nale Luft geschnuppert zu haben: „Mit dem Entschluss, die Firma übernehmen zu wollen, kommt die Erkenntnis, dass ein Leben im gemütlichen Verden nun vorgegeben ist. Da war es sehr reizvoll, für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen, um auch einmal etwas anderes zu sehen und zu erleben“, meint sie. „Also haben meine Eltern mich nach dem Abitur für zehn Monate nach Paris geschickt. Und erst danach ging es los mit meiner Ausbildung zur Indus- triekauffrau.“ Frühe Verantwortung: Geschäftsführerin nach der Ausbildung Nach der Ausbildung steigt Anita Freitag-Meyer zur Ge- schäftsführerin der Keks- und Waffelfabrik auf. Jetzt arbeitet sie Seite an Seite mit ihrem Vater, trifft unter- nehmerische Entscheidungen mit ihm gemeinsam – und auch alleine: „Mein Vater wollte nie, dass ich nur als die Juniorchefin wahrgenommen werde. Er hat viel dafür getan, dass ich nach und nach in die Chefrolle hi- neinwachse, mehr Selbst- bewusstsein entwickele, um eigene Entscheidun- gen zu fällen und für diese auch einzustehen“, erzählt sie. „Wir beide hatten zu- dem immer auch einen eigenen Wirkungsbereich. Damit ich dann schließ- lich alleine in der ersten Reihe stehen kann, hat er sich 2006 aus dem Tages- geschäft zurückgezogen, da war ich Mitte 30. Und auch wenn er mir weiter- hin als Ansprechpartner zur Seite stand und mich unterstützt hat, war er für die Mitarbeiter ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Chef greifbar. Meine Rolle in der Firma bekam eine ganz andere Qualität, weil ich nun die einzige Chefin war und auch so respektiert wurde.“ Von Mitarbeitern, Geschäfts- partnern und Kunden als solche anerkannt zu werden und es auf der anderen Seite für sich selbst zu begreifen, sind manchmal zwei unterschiedliche Dinge. Anita Freitag- Meyer strahlt neben ihrer Leidenschaft für das Unterneh- men jedoch eine solche Stärke aus, dass ich mich frage, ob das bereits immer so gewesen ist, oder ob es einen Moment der Erkenntnis gegeben hat. „Eine bestimmte Situation gab es eigentlich nicht“, antwortet die sympathische Un- ternehmerin lächelnd. „Aber das Gefühl, wirklich fest im Sattel zu sitzen, kam mit Ende 30, wenige Jahre, nachdem mein Vater die Firma verlassen hat. Da stand ich bereits länger vorne, habe weitere Entscheidungen alleine fällen müssen. Eigene Erfahrungen sind außerdem unerlässlich für eine gewisse Gelassenheit und das Gefühl zu wissen, dass man es auch alleine schafft – und zwar sowohl po- sitive als auch negative. Meine erste Krise habe ich 2011 Cynthia Hoedoro / Ina Seyer, KAY HERSCHELMANN

Seitenübersicht