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BREMISSIMA | Mai-Juni 2015

bremissima 59 A drienne Körner ist ein wahres Energiewunder. Neben ihrem „normalen“ Arbeitspensum als Lehre- rin für Geschichte, Politik und Sport engagiert sie sich ehrenamt- lich in zahlreichen Projekten. Sie will die Demokratie unters Volk bringen – genauer gesagt, Kindern und Jugend- lichen zwischen 12 und 19 Jahren nahe- bringen. „Demokratisch handeln muss man lernen. Wertschätzung, Respekt, Empathie – in erster Linie geht es mir um Wertevermittlung, denn das ist die Grundlage für alles.“ Deshalb ist sie un- ter anderem bei dem bundesweiten För- derprogramm „Demokratisch Handeln“ aktiv, in dem Jugendinitiativen und Schülergruppen, die sich kreativ mit politischen Themen beschäftigen, aus- gezeichnet werden. Dieser Wettbewerb sorgt jedes Jahr auf Aufsehen, und Ad- rienne Körner ist nicht nur ständig auf Achse, um die Projekte auszuwählen. Nein, sie sitzt zudem in der Jury. Die auserwählten Jugendlichen nehmen dann an verschiedenen Workshops und Diskussionsrunden mit ranghohen Po- litikern teil. Dabei geht es sehr lebhaft zu und Berührungsängste gibt es kaum. „Die sitzen wie die Profis am Tisch und diskutieren leidenschaftlich. Ich bin je- des Mal so stolz!“ Seit 2007 ist Adrienne Körner ehren- amtlich im Bereich Jugendarbeit und Politik tätig – unabhängig und überpar- teilich. „In Bremen bilden wir Schüle- rinnen und Schüler zu Schülerguides aus, die an historischen Gedenkstätten wie beispielsweise dem U-Boot-Bunker Valentin in Bremen-Farge vor Ort auf- klären und Führungen geben.“ Das ab- solute Meisterstück war allerdings das Schulprojekt gegen Rassismus „Egge zeigt Courage“ mit einem Marktplatz mit Infoständen, Podiumsdiskussion und Sponsorenlauf. Zum Schluss stan- den 800 Schüler in der Aula auf und ap- plaudierten ihr minutenlang… „Das war fast wie bei der Oscar-Verleihung, ich hätte weinen mögen!“ Anschubsen, unterstützen, pushen Als Energiewunder kann Adrienne Kör- ner nicht still sitzen, und die Kraft, die ihr ihre vielfältigen Aufgaben abver- langt, zieht sie aus der Arbeit an sich: „Der herzliche Umgang mit jungen Menschen gibt mir Energie zurück.“ Zudem tanzt sie gern auf vielen Hoch- zeiten gleichzeitig, denn es gibt so vie- les, das sie interessiert. Damit sie den Kopf richtig frei bekommt, radelt sie die acht Kilometer zu ihrer Schule hin und zurück. Und zwar bei Wind und Wet- ter, denn „der innere Schweinehund ist ganz, ganz klein!“ Man merkt es schnell, hier brennt jemand richtig für seine Sa- che! Und es zahlt sich aus: Eine ehemali- ge Schülerin studiert heute Geschichte und „der, der damals am lautesten ‚Po- litik ist doof‘ geschrien hat, kandidiert jetzt für die Bremer Bürgerschaft!“ Anschubsen will sie, unterstützen und pushen, dabei aber selbst im Hinter- grund bleiben, denn die Jugendlichen sind die Stars. „Ich will aus jedem das Gute herauskitzeln, das in ihm steckt. Jeder hat mehrere Chancen verdient und jeder hat eine Stimme, mit der er etwas bewirken kann.“ Als Lehrerin ist sie zwar streng, aber auch fair – „ich bin immer für eine klare Ansage, und ich verlange etwas von meinen Schülern.“ Nämlich Engagement und Interesse, es geht nicht um beste Noten und Streber- tum. „Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Ich will keine neuen Politiker formen, aber ein Bewusstsein für das, was um einen herum passiert.“ Und des- halb möchte sie auch, dass ihre Schüler über ein breites Allgemeinwissen ver- fügen. Selbst wenn sie akut über das Pensum stöhnen, später würde sich das auszahlen. Und nicht nur später, schon während der Schulzeit weckt sie das Interesse ihre Schützlinge. „Ich wurde gefragt, ob wir nicht zusätzlich eine Po- litik-AG gründen könnten, für die die Schüler sogar ihren Freitagnachmittag hergaben.“ Herauskommen dann dabei Aktionen wie die für die Europawahl, in dem die Erstwähler motiviert wur- den – und zwar ebenfalls von Erstwäh- lern. Körner trifft auf Köhler Ihr Engagement wurde schon mehrfach ausgezeichnet. 2009 gewann sie mit ihren Schülern einen Wettbewerb der Körber-Stiftung und reiste zum dama- ligen Bundespräsidenten Horst Köhler ins Schloss Bellevue. Das wurde sogar in den Tagesthemen gesendet. Auch dem aktuellen Präsidenten Joachim Gauck schüttelte sie bereits die Hand – „eine beeindruckende Persönlichkeit!“ Geboren in Brandenburg, aufgewach- sen am Harzrand, kam Adrienne Kör- ner selbst schon früh mit Politik in Be- rührung, denn das war zu Hause immer ein großes Thema. „Und ich hatte tolle Geschichtslehrer, die uns begeistert ha- ben.“ Außerdem ist sie viel unterwegs gewesen, immer angetrieben von Neu- gier und Offenheit. Nach dem Studium und der Promotion in Magdeburg hatte sie die Wahl zwischen Bremen und Bra- silien – die Entscheidung für die Han- sestadt hat sie nicht bereut. „Bremen ist eine tolle Stadt. Ich habe mir hier viel aufgebaut.“ Seit Mai 2011 ist sie näm- lich außerdem Ausbildungsbeauftragte für das Fachseminar Geschichte und seit zwei Monaten betreut sie Studen- ten der Erziehungswissenschaften, die im Praxissemester sind. Und auch am Wochenende ist derzeit volles Pro- gramm angesagt mit dem Zeitzeugen- Projekt. „Da haben wir schon Tolles auf die Beine gestellt, zum Beispiel das ‚Speeddating’ mit alten Menschen, die noch den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit erlebt hatten und nun im 10-Minuten-Takt den Schülern da- von berichten.“ All das begeistert Adrienne Körner glei- chermaßen, denn ihr Beruf „ist eine Be- rufung“. Und dafür hat sie Energie ohne Ende und auch eine Mission, denn „De- mokratie ist nicht selbstverständlich!“ www.demokratisch-handeln.de Herzenssache / Maren-Britt Dahlke

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